Sonntag, 28. April 2024

Frühling in London

Nach unseren Tagen in Dublin wartete London auf uns - schließlich würden L. und ich, wie so oft schon, durch die britische Hauptstadt wieder zurück nach Deutschland gelangen. Auch die Rückreise nach London erwies sich als äußerst abenteuerlich - mit der Fähre, die nach Holyhead zurückfuhr, wo wir kürzlich schon übernachtet hatten, danach ging es mit einem
Bus durch die walisische Landschaft und das letzte Stück mit dem Zug durch London. Als ich aus dem Busfenster die walisische Landschaft mit den Stränden, pittoresken Häusern und den grünen Wiesen sah, dachte ich auch hier: Warum eigentlich nicht... Großbritanniens Natur wird ziemlich unterschätzt, denke ich. 

Doch nun wartete noch eine Nacht und ein Tag mit der vollen Ladung Weltstadt-Feeling auf uns. Als wir in London ankamen, sank ich nach einem guten Abendessen tief und sehr erschöpft von all den Eindrückender Reise in das kuschelige Bett des Airbnbs.

L. konnte sich sehr fürs British Museum begeistern, durch das wir tags darauf spazierten und ich erinnerte mich daran, dass ich bei einer meiner ersten London-Trips intensives Museumshopping betrieben hatte - es bietet sich an in dieser Stadt, in der die meisten Museen kostenlos zugänglich sind. Wie immer war an diesem Tag in London viel los, doch an diesem sonnigen, frühlingshaften Tag kam es mir so vor, als würden L. und ich erst recht viele Straßenkünstler*innen erleben und schnatternde Menschen mit Kaffee in der Hand durch die Parks und die Innenstadt ziehen sehen. Über die animierten Schmetterlinge in der Tottenham Court Road, die mittels Technik an die Wand gebeamt wurden, konnte ich mich auch sehr erfreuen, nachdem ich das online als Geheimtipp ausfindig gemacht hatte. London ist immer wieder für Überraschungen gut und ich habe gelernt, dass es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt, egal, wie oft ich hier bin.

Viel Zeit des Tages verbrachten wir im Hyde Park. Die Blumen leuchteten in allen erdenklichen Farben, als wir dort picknickten und in der Sonne lagen. Eine Gruppe von Rollschuh-Kunstläufer*innen versuchte sich an Tricks auf einem geteerten Weg innerhalb des Parks. Als wir am Wasser entlangspazierten und den Park immer weiter durchliefen, bekam ich auch erst eine Ahnung davon, wie groß er eigentlich war. Als wir ihn wieder verließen und allmählich Richtung Victoria Coach Station aufbrachen, wurde es bereits dunkel. Es war Zeit, mit dem Bus wieder Richtung Heimat aufzubrechen. Eine lange Fahrt mit kurzem Zwischenstopp in Amsterdam wartete auf uns. Viel Zeit, um das Erlebte der letzten Tage Revue passieren zu lassen.

Glendalough Nationalpark

Nach dem Besuch der Cliffs of Moher beschlossen L. und ich, noch etwas mehr Natur in Irland zu erleben. Wir fanden eine gute Möglichkeit, auf eigene Faust zu dem Glendalough Nationalpark zu gelangen: Ein Bus aus der Innenstadt Dublins fuhr dorthin einathalb Stunden durch.

 Auf dem letzten Abschnitt der Fahrt umgaben uns jede Menge grüne Wiesen, Schafe mit Lämmern, und intensiv gelb blühende Gewächse. Am Horizont zeichneten sich zwischendurch schon die Berge, die Wicklow Mountains ab. Dort wollten wir hin.

Der Nationalpark besticht mit uralten Ruinen, moosbewachsenem Wald, Seen, Wasserfällen und Bächen. Am Anfang des Weges gab es eine Wiese mit einem rapunzelartigem Turm, der aus der Landschaft herausstach, Überbleibsel uralter Gemäuer und eineige blühende Gräber. L. und ich konnten allein hier schon einige Zeit verbringen, durch die Ein- und Ausgänge der Ruinen zu spazieren und uns auszumalen, was hier wohl einmal gewesen sein mochte. 

In dem Park selbst spazierten wir durch einen Wald, dem etwas Feenartiges anmutete, und konnten uns an einem Wasserfall erfreuen, der mitten im Wald einen Bergabhang hinunterfloss. Nahe des Seeufers suchten wir uns einen Picknickplatz und genossen die Ruhe, die hier herrschte. Außer ein paar Schulklassen waren nicht so viele in Glendalough an diesem Tag unterwegs. L. und ich futterten unsere Bagels und Sandwiches mit Erdnussmus, wobei wir nur das leise Geräusch von Wind und Wasser hörten. Wir stellten fest, dass nun der Moment gekommen war, dass wir abschalteten, innerlich total entspannt waren und es rundum auskosteten, hier zu sein, mitten im Glendalough Nationalpark.

Galway und die Cliffs of Moher

Die irische Natur sollten wir auf einer Get-Your-Guide-Tour noch genauer erleben. Mit einer geführten Tagestour per Bus von Dublin gelangten wir zu den Cliffs of moher. Einige Szenen wurden hier unter anderem für "Harry Potter" und "Star Wars" gedreht. Als wir frühmorgens in den Bus einstiegen, regnete es in Strömen, doch nach einigen Stunden ging die Sonne auf. "That's Ireland", erklärte unser Guide uns strahlend den rapiden Wetterwechsel. Im Bus wurden wir zudem zum Singen ermuntert. In diesem Land ist die Musik wichtiger Teil der Kultur und die Menschen, die hier leben, sind sichtlich stolz darauf.

Bei den Klippen selbst war es so sommerlich warm im Sonnenschein, dass L. und ich sogar unsere Jacken ausziehen konnten. Nachdem wir eine kleine Ausstellung nahe der Cliffs of moher besucht hatten, widmeten wir uns dem Highlight, das uns nach einem kleinen Fußweg erwartete. Die Klippen wirkten selbst unter der Sonne noch einen Hauch dramatisch und hielten das Versprechen, das Irland viel grüne Natur aufweist. Wir konnten einem Weg folgen, der die Klippe entlang führte und von dem wir den Anblick von rauer Natur und blauen Himmel für die Zeit, die uns zur Verfügung stand und leider viel zu schnell dahinschwand, genießen konnten. 

Danach hatten wir noch Gelegenheit, bei der mondähnlichen Karstlandschaft des "Burren" auszusteigen, der durch peitschendes Wasser gegen schwarzes Gestein an der Küste beeindruckte. Das war Irland, so wie ich es mir vorgestellt hatte. Bis zu 75 Prozent der irischen Pflanzenarten sollen hier wachsen.

Galway als einer der beliebtesten Städte des Landes stellte sich als noch ganz anders als Dublin heraus. Es war eine pulsierende, farbenfrohe Stadt, von der viele in meinem Bekanntenkreis daheim geschwärmt hatten. Es gab kleine Buchläden, in denen sich L. mit großer Begeisterung vertiefte, jede Menge Streetart-Motive, bunte Wimpel zwischen den Häusern, kleine, alte Kirchen mittendrin und buntes Treiben in den Gassen der Innenstadt.

L. hatte mir ein Jahr zuvor eine Karte geschenkt, auf der eine der buntesten Straßen innerhalb Galways Innenstadt abgebildet war. "Dort müssen wir hin", hatte ich zu dem Zeitpunkt lachend verkündet. Und genau das taten wir nun. Ich hatte die Karte sogar im Gepäck und nahm sie zu unserem Ausflug mit. Witzigerweise hatte die Farbe von einem der Häuser gewechselt, doch ansonsten war unverkennbar, dass der Hintergrund der Karte zu dem abgedruckten Bild passte. Wo ich mit der Karte dort stand, wurde mir erst recht klar, dass wieder ein großer Wunsch von mir in Erfüllung gegangen war.

Auf Entdeckungstour in Dublin

Von Holyhead aus brachen L. und ich mit der Fähre nach Dublin auf. Das Wetter am Hafen war angenehm sonnig und wir konnten die eigenwillige, charmante Architektur von dem kleinen walisischen Ort gut erkennen, als unsere Fähre den Hafen verließ. Die Fährüberfahrt dauerte vier Stunden und erwies sich als sehr entspannt.

In Dublin hatten wir eine zentral gelegene Unterkunft gemietet und gingen auf eine erste Runde durch die Innenstadt, nachdem wir unser Zimmer bezogen und uns im Park mit ein paar mitgebrachten Bagels gestärkt hatten. 
Wir zogen an der gehypten Temple Bar vorbei, die auch in der Dunkelheit selbst zwischen den farbenfrohen Pubs ringsum herausstach und konnten von kreativ gestalteten Wällen über die nostalgische Archtitektur der St. Stephen Mall, quasi einem Disneyland von Einkaufszentrum, bis hin zu Straßenmusiker*innen eine Menge entdecken. In Folge des St. Patrick's Days, der am Vortag stattgefunden hatte, war auch die Ha'Penny- Bridge grün angeleuchtet sowie auch die St. Stephen Mall.
Die Tage danach schlenderten wir manchmal stundenlang wie auf vielen unserer gemeinsamen Reisen durch die Stadt, picknickten in den Parks und konnten immer wieder verschiedene gotische Kirchen, Ruinen und unter anderem auch das Schloss Dublins erblicken.


In die Welt des Trinity Colleges tauchten wir tags später ein, das mitten in der Stadt liegt. Wir spazierten über den Campus (nur nicht durch das Tor in der Mitte, da dürfen nur die Absolvent*innen durch laut Brauch), durch die Museen, die über das älteste Buch Irlands, Book of Kells, aufklärten. Im Laufe unseres Rundgangs fanden wir uns in einer riesigen Bibliothek, wieder, so etwa, wie man sich die Bibliotheken in Hogwarts in Harry Potter vorstellt, reihten sich Bücher an Bücher bis zur Decke und die Büsten von Philosoph*innen (ja, auch weibliche, um die der Raum später ergänzt wurde). Was mich daran auch faszinierte, war die riesige, sich drehende künstliche Weltkugel am Ende des Saals, "Gaia". Deren Durchmesser waren sechs Meter, und innerhalb des sie umgebenden dunklen Holztons des Saals leuchtete sie regelrecht. In einem anderen Gebäude warteten noch Lightshows zum Book of Kells auf uns, die die Historie mit einem modernen Anstrich versahen.

An einem der letzten Tage nahmen wir an einer irischen Tanzshow in einem Pub teil.
Zuerst gab es ein wenig Livemusik, während die andere Gäste, die teilweise auch Junggesellen bzw. Junggesellinnen-Abschiede hier feierten, an ihrem Guiness nippten. Ich sah mich in dem Raum mit den dunklen Möbeln und der zahlreich bebilderten Wand sowie den hohen Decken um. Drei Tänzerinnen in schillernd grünen Kleidern kamen die gebohnerte Treppe hinunter und präsentierten uns traditionellen irischen Tanz, was mich an eine Mischung aus Ballett und Stepptanz erinnerte. Es sah insgesamt ziemlich elegant aus, sodass ich es fast bedauerte, als die drei unter Beifall einige Minuten wieder über die Treppe verschwanden. Ich hoffte, dass sie bald wiederkamen, um zu tanzen, und das taten sie dann auch. L. und ich bekamen die Gelegenheit, mit den anderen Teilnehmenden irischen Gruppentanz auszuprobieren, was angesichts der vielen Menschen etwas chaotisch wurde, doch für einen unglaublichen Spaß sorgte.

Donnerstag, 11. April 2024

St. Patrick's Day in London

Meine Freundin L. und ich hatten einmal schon einen St. Patrick's Day in New York miterlebt, vor fünf Jahren, als ich in die USA gereist war, um sie in ihrem Auslandssemester zu besuchen. Nun stand ein weiterer St.Patrick's Day an, den wir gemeinsam erleben wollten, und zwar in London. Kurz vorher musste ich noch einmal recherchieren, was St. Patrick's eigentlich genau bedeutet. Der heilige Patrick nämlich war ein römisch-britischer christlicher  Missionar aus dem Jahr 400, der Klöster, Schulen und Kirchen in Irland gegründet haben soll. Nach längerer Zeit Abewesenheit aus Irland, die er als Sklave und als geflüchteter auf dem europäischen Festland verbracht hatte, hatte er Träume, in denen die Stimmen der irischen Bevölkerung zur Heimkehr in sein Heimatland baten, was er daraufhin auch tat. Der St. Patrick's Day ist zwar ein irischer Feiertag, wird aber weltweit in verschiedensten Städten gefeiert am 17. März, weil das als sein Todestag gilt

L. ließ sich zusammen mit mir auf das Abenteuer ein, per Bahn und Bus mit einer Fahrt über Nacht nach London zu gelangen. Leider verpasste unser Bus die Fähre, dennoch schafften wir es rechtzeitig, zur St. Patrick's-Parade am Trafalgar Square. Es war gar nicht einmal so lange her, dass ich hier gewesen war, schließlich waren J. und ich erst im Oktober in London gewesen. Erstaunlicherweise führten mich unterschiedlichste Gelegenheiten nach London, was auch daran liegt, dass ich über Land reise. Die britische Großstadt liegt auf dem Weg nach Schottland und Irland und hat selbst auch jedes Mal wieder etwas zu bieten, egal, wie oft ich schon da gewesen bin. Nun war es der St. Patrick's Day. 

Das Wetter war frühlingshaft, viele grün verkleidete und mit Kleeblättern dekorierte Menschen tummelten sich beim Trafalgar Square. Die Parade war nicht nur grün, sondern äußerst bunt, gespickt mit verschiedensten Umzugswagen, Kostümen und Tänzen, was in all der Vielfalt zu London auch gut passt. Das Schlusslicht bildete eine als überdimensional groß kostümierter St. Patrick, der als tragende Figur natürlich nicht fehlen darf. Nach der Parade ging die Party auf dem Gelände des Trafalgar Square vor einer großen Bühne, auf der irische Musik gespielt und gesungen wurde, weiter. Der Konsum von Guiness in großen Gläsern stieg dabei rasant an, während wir die Stimmung unter Londons Sonnenschein an diesem Tag aufsogen. Für L. und mich gab es im Anschluss stattdessen einen grüne Smoothie in einem meiner Lieblingsläden in Covent Garden.

Sonntag, 7. April 2024

Tromsö: Das Tor zur Arktis

Tromsö ist eine Stadt, sogar die nördlichste größere Stadt in Nordnorwegen. So städtisch kam sie mir allerdings nicht vor, von Trubel und Lärm war nichts zu spüren. Der Schnee, den ich in solch einer Masse noch nie zuvor erlebt hatte, verschluckte jegliche Geräusche.

Im Dunkeln erreichten F. und ich unsere Unterkunft, die aus einer Doppelhaushälfte bestand und oben auf dem Berg lag. Sie war gemütlich, mit großen Räumen, einer Badewanne, einem Kamin für gemütliche Kaminabende ausgestattet und das größte Highlight war die große Fensterfront, durch die wir auf den gegenüberliegenden Hausberg Tromsös, den Fjellheisen, blicken konnten, in das Tal mit den Lichtern der Stadt und auf das Eismeer. Das war also der Polarkreis, in dem wir uns nun für eine Woche aufhalten würden. Anfang Januar befanden wir uns mitten in der Polarnacht, was bedeutete, dass wir die Sonne niemals ganz sahen. Zwischen 10 und 14 Uhr morgens war es noch leicht hell, wenn man es noch als hell bezeichnen kann, und ab 14 Uhr war es bereits stockduster. Da verwunderte es uns wenig, dass die Menschen hier so viel Wert auf behagliche Hausbeleuchtung und Inneneinrichtung legten. 

F. und ich nutzten die Zeit der Helligkeit, um Tromsös Umgebung ein wenig zu erkunden. Mit einem einwöchigen Busticket konnten wir etwas umherfahren, stundenlang durch den Schnee an typischen norwegischen Holzhäusern vorbeispazieren, an zugefrorenen Seen und bis hin zu abgelegenen Fjorden. Jedes Mal, wenn wir das Haus verließen, statteten wir uns mit warmer Winterkleidung, Skiunterkleidung und Schneeschuhen aus. So bitterkalt erschien es uns in Tromsö angesichts der Minusgrade an der finnischen Grenze jedoch nicht, auch wenn der Schnee alles übertraf, was ich zuvor kennen gelernt hatte. Ich träumte nachts sogar von Schnee; dieser wird auch das sein, was mir in den Sinn kommt, wenn ich künftig an Tromsö denke. Ständig waren Schneepflüge im Einsatz und es schien das Normalste auf der Welt zu sein, dass die Menschen in den Straßen um unsere Unterkunft herum auf Langlauf-Skiern entlangfuhren. "Vielleicht fahren sie damit zur Arbeit", sagte ich zu F.

Per Get your Guide buchten wir eine Nordlichter-Tour, bei der wir spätabends mit einem Kleinbus aus Tromsö abgeholt wurden und bis zur finnischen Grenze fuhren. Wir waren stundenlang unterwegs, während es draußen unaufhörlich schneite, alles nur, um die grüne Dame zu sehen. Ich war ziemlich aufgeregt und bat inständig, dass sich das Nordlicht zeigen würde. Zuerst zeigte sich allerdings ein Sternenhimmel, wie es ihn nur außerhalb der Lichtverschmutzung der Stadt gibt. In Thermoanzügen und mit einem Tee im Pappbecher in der Hand blickten F. und ich sowie die restliche Truppe durch das Schneegestöber irgendwo weit draußen im Nirgendwo in den Himmel: Der Anblick raubte mir fast so sehr den Atem, wie der schneidende Wind es tat. Nordlichter konnten wir allerdings nur durch die professionelle Kamera unseres Guides sehen, fürs bloße Auge blieben sie verborgen. Immerhin konnten wir ein paar Fotos mit nachhause nehmen, auf denen wir im Schnee stehen, hinter uns der Sternenhimmel und die grünen Farben der Nordlichter. "Irgendwann kommt bestimmt noch eine Gelegenheit, richtige Nordlichter zu sehen", ermutigte mich F.

Abenteuerlich wurde auch die Walbeobachtungs-Tour, für die wir am nächsten Tag für neun Stunden auf dem Eismeer waren. Es gab viele Informationen über die Wale, darunter Orcas, Pottwale und Finnwale, die sich in den nordischen Gewässern tummeln. Während der Zeit, zu der es noch etwas hell wurde und die Schneelandschaften der Fjorde ringsum in ein bläuliches Licht getaucht waren, versuchte ich, viel Zeit draußen zu verbringen und war gespannt, wann die Wale auftauchen würden. In größerer Entfernung, rund um den Ort Skjervoy, sichteten wir an Bord tatsächlich irgendwann einen Pottwal, es war allerdings nur eine Frage von Sekunden, bis er abtauchte und seine Schwanzflosse zuletzt kerzengerade aus dem Wasser ragte. Offensichtlich suchten die Wale eher das Weite. Ich gönnte mir noch einen der Kaffees mit Hafermilch (das Schiff war scheinbar sehr vegan eingestellt) an Bord und sprach mit unserer Sitznachbarin, die auch aus Deutschland stammte, darüber, dass das Mitfahren auf einem Walbeobachtungs-Schiff quasi auch ein Beitrag zum Tierschutz ist. Walbeobachtungs-Touren werden mit der Zeit immer profitabler als Walfang-Schiffe und bewegen ein Land wie Norwegen stückweise dazu, den Walfang, der dort leider noch existiert, einzudämmen. Auch wenn F. und ich nicht so viel gesehen hatten wie erhofft, hatten wir zumindest eine gute Sache unterstützt.

Obwohl Tromsö eine Stadt ist, kam unsere Reise uns nicht wie ein Städtetrip vor. Es war nicht überlaufen durch Tourist*innen, wir waren von unserer Unterkunft aus schnell in der Natur und insgesamt kam uns das Leben hier ziemlich entschleunigt vor. Die dunkle Phase während der Polarnacht mag dazu auch noch beigetragen haben. Diese Zeit des tiefsten Winter in Nordwegen in der Stadt, die als Tor in die Arktis gilt, haben wir auf dieser Reise kennen lernen dürfen, dazu Massen an Schnee, die alle verschneiten Winter, die ich erlebt habe, übertrafen.

Auf dem Rückweg düste ich mit dem Bus nach Narvik und von dort aus mit dem Polar-Express nach Stockholm (die Strecke war zum Glück wieder befahrbar) wieder Richtung Heimat und kann dies auch als eindrucksvolles Erlebnis für sich verbuchen: Zuerst fuhr ich durch märchenhafte weiße Landschaften aus Eis und Schnee. Der Zug, den ich von Narvik aus nahm, hatte vorne Schneeschieber und war innen gemütlich warm aufgeheizt und mit riesigen Sesseln ausgestattet. Dieser Zug war wie ein Kokon, aus dem ich durch die Fensterscheibe ins Schneegestöber außen blicken konnte. Ich habe selten so gut geschlafen wie in diesem Zug.

Montag, 1. April 2024

Oslo: Unverhoffter Zwischenstopp in der norwegischen Hauptstadt

In Oslo waren wir nur kurz und hatten den Zug spontan nur deshalb dahin gebucht, um von dort aus nach Tromsö zu fliegen. Das Zentrum von Oslo macht einen recht modernen, gar futuristischen Eindruck auf mich, sobald wir den Bahnhof verließen und in Richtung Unterkunft stiefelten. Zwischen gläsernen Bauten zogen wir über die gefrorenen Straßen unsere Rollkoffer hinter uns her - es war nur allzu leicht, auf dem glatten Untergrund auszurutschen, deshalb bewegten wir uns Schritt für Schritt, fast wie Pinguine, durch die Straßen. So kalt, wie es laut Wetterbericht ein paar Tage auch hier gewesen sein sollte, um die minus dreißig Grad, war es inzwischen auch nicht mehr.

Die Zeit reichte , um uns am nächsten Morgen ein wenig auf dem Gelände des Opernhaus in Oslo umzusehen. Was uns am meisten beeindruckte, war der Sonnenaufgang hinter dem Opernhaus. F. war den vorherigen Sommer schon dort gewesen, wobei sie auch ihre Liebe zu Norwegen im Allgemeinen entdeckt hatte, und freute sich nun, das Ganze noch einmal im Winter bei Schnee zu erleben. Nun sah das Ganze aus wie eine futuristische Eisscholle. 

Wir spazierten noch ein wenig am Hafen und in der Umgebung herum, sahen ein paar Passagieren dabei zu, wie sie Möwen und Enten fütterten, danach wärmten wir uns wieder ein wenig in unserem Hotelzimmer aus. 
Ich war dankbar dafür, einen Eindruck von der norwegischen Hauptstadt bekommen und dabei direkt ihr Wahrzeichen kennen gelernt zu haben. Auf die Magie der Natur, die Nordnorwegen nachgesagt wurde, war ich nun erst recht gespannt.